Viele Unternehmen und Führungskräfte stoßen früher oder später auf die Frage: Wo liegt der Unterschied zwischen einer Reklamation und einer Beschwerde?
Der Unterschied zwischen einer Reklamation und Beschwerde ist nicht nur in den Rechten und Pflichten zu sehen. Hier geht es um nicht erfüllte Anforderungen oder Erwartungen. Daher hat das Reklamationsmanagement einen Einfluss auf Ihre Servicequalität und das Beschwerdemanagement auf die Kundenbindung.
In diesem Beitrag gehe ich etwas näher auf diese beiden Punkte ein, um die Auswirkung Ihrer Optimierungsmaßnahmen und Ergebnisse zu verbessern.
Denn das ist ein wichtiger Schritt in Richtung exzellenter Serviceanbieter und zu einer hohen Kundenbindung.
Warum ist die Unterscheidung von Reklamationen und Beschwerden wichtig?
Um den Unterschied zwischen einer Reklamation und Beschwerde zu erkennen hilft Ihnen, das Reklamations- und Beschwerdemanagement gezielter zu adressieren und zu steuern.
Oft werden diese beiden Begriffe als Synonym verwendet, aber es bestehen deutliche Unterschiede in den Aufgaben und in den Zielen. Das nicht Abgrenzen beider Aufgaben führt zur Abschwächung der gewünschten Auswirkungen und Ergebnisse.
Der Grund: Die Maßnahmen werden nicht gezielt genug definiert. Sie sind nicht ausreichend auf die Optimierung einer Thematik abgestimmt.
Reklamation Definition
Eine Reklamation ist eine mündliche oder schriftliche Beanstandung eines Kunden über die erbrachte Dienstleistung oder über das gelieferte Produkt. Mit einer Reklamation nimmt Ihr Kunde sein Recht auf Gewährleistung in Anspruch. Der Kunde hat jedoch nur dann einen gesetzlichen Anspruch, wenn ein Sachmangel vorliegt.
Ein Sachmangel kann ein defektes, funktionsunfähiges oder zerkratztes Produkt sein, aber auch ein zu großes oder zu kleines Produkt. Bei Dienstleistungen können das Eigenschaften sein, die bei der Umsetzung nicht erfüllt wurden. Dabei kann es sich auch um eine nicht zufriedenstellende Auftragsabwicklung oder nicht sachgemäß durchgeführte Dienstleistung handeln.
Grundlage für den Anspruch ist der abgeschlossene Kaufvertrag. Sobald eine Abweichung Auftritt kann Ihr Kunde reklamieren.
Daher lassen sich die Aufgaben des Reklamationsmanagement leicht ableiten.
Reklamationsmanagement: Aufgaben
Das Reklamationsmanagement verwaltet die Kundenreklamationen. Zu den Aufgaben gehören:
- die Kommunikation mit den Kunden und internen Bereichen
- Beurteilung der Reklamation
- systematische Analyse der Ursache
- Behebung des aktuellen Fehlers
- Vermeidung zukünftiger Fehler
- sowie die Festlegung von präventiven Maßnahmen zur Vermeidung jeglicher Fehler.
Ziele: Reklamationsmanagement
Das Ziel des Reklamationsmanagement ist, eine hohe Servicequalität zu gewährleisten. Außerdem sollen Fehler‑, Folge- und Beschwerdekosten vermieden bzw. reduziert werden.
Hierbei spielen die versprochenen sowie die vertraglich abgesicherten Leistungen eine große Rolle. Denn die Anforderung Ihres Kunden ist, dass Sie die versprochene und vertraglich vereinbarte Leistung sicherstellen. Ihr Kunden misst und bewertet hier die Qualität Ihrer zugesagten Leistung.
Sollten Sie dieses nicht gewährleisten wird er seinen Unmut und Reklamationsanspruch geltend machen.
Beschwerde Definition
Als Beschwerde bezeichnet man jegliche Äußerung einer Unzufriedenheit eines Kunden. Das bedeutet: Kundenbeschwerden treten immer dann auf, wenn wir die Erwartungen unserer Kunden nicht kennen oder erkennen.
Hierbei kann es sich um Erwartungen an Personen, Prozessen oder Leistungen / Produkten handeln. Beschwerden sind meistens sehr subjektiv und kontextbezogen. Und sie sind rechtlich nicht verankert. Was nicht bedeutet, dass Sie keinen beträchtlichen Einfluss auf den Erfolg Ihres Unternehmens haben.
Zur Verdeutlichung und Differenzierung ein paar Beschwerde- Beispiele
Kunde beschwert sich über:
- eine bestimmte Person, einen Personenkreis oder eine Abteilung
- einen Prozess
- eine Äußerung
- einen Partner (externe Stellen)
- die Dokumentation
- nicht ausreichende oder zu späte Informationen
- unzureichende Betreuung
- die Entwicklung der Zusammenarbeit
- Probleme bei der Nutzung / Anwendung / Umsetzung
- fehlende Leistungen oder Unterstützung
Beschwerdemanagement: Aufgaben
Das Beschwerdemanagement analysiert und bereitet die in Beschwerden enthaltenen Informationen auf. Dabei liegt der Fokus auf Hinweise zu fehlenden Produktspezifikationen, Leistungen und Vorgehensweisen.
Außerdem bewertet das Beschwerdemanagement die Marktrisiken und ‑chancen. Dazu sollten aktiv Informationen eingeholt werden. Dieses kann durch Umfragen oder Kundenzufriedenheitsanalysen stattfinden.
Die Erkenntnisse werden zum Schluss übersichtlich zur Verfügung gestellt. Nun können zielgerechte Maßnahmen definiert werden, um die Erwartungen der Zielkunden besser zu erfüllen.
Ziele: Beschwerdemanagement
Das Ziel des Beschwerdemanagement ist, eine hohe Kundenbindung zu erzeugen, indem die Erwartungen der Kunden erfüllt oder übertroffen werden. Außerdem trägt das Beschwerdemanagement zu einer verbesserten Außenwahrnehmung, Kundenzufriedenheit und Weiterempfehlungsquote des Kunden bei.
Ihr Kunde bewertet hier, ob Sie sein idealer Dienstleister oder Lieferant sind.
Schnittstelle zwischen Reklamationen und Beschwerden
Die Schnittstelle zwischen einer Reklamation und einer Beschwerde sind die versprochenen Leistungen. Hier bei kann es sich um direkt ausgesprochene Versprechen handeln oder um die Erwartung durch Werbebotschaften.
Leistungsversprechen: der Handschlag
Der sogenannte Handschlag gilt als kaufmännischer Abschluss. Aus Kundensicht ist jedoch die Beweisführung eine Problematik. Daher neigen Kunden dazu, eine schriftliche Bestätigung zu verlangen oder Zeugen für das Gespräch mitzuführen. Heute wird auch gerne die Videokonferenz aufgezeichnet.
Bieten Sie dem Kunden lieber selbst eine schriftliche Bestätigung an. Oder noch besser: senden Sie ihrem Kunden die Bestätigung ungefragt schriftlich zu. Damit zeigen Sie Ihrem Kunden, dass Ihr Wort zählt und dass Sie ein zuverlässiger Dienstleister sind. Und noch wichtiger: Gewährleisten Sie die Umsetzung der versprochenen Leistungen.
Leistungsversprechen: Werbe- und Marketingbotschaften
Umgekehrt stoßen einige Unternehmen auf unerwartete Qualitätserwartungen seitens des Kunden. Und das sind auch die Momente, wo Ihr Kunde sich tatsächlich beschweren wird.
Er glaubt einen berechtigten Grund für die Reklamation zu haben. Auch wenn es nicht explizit im Vertrag verankert wurde. Ihr Kunde hat sich für Sie als Dienstleister und Lieferant entschieden, weil ihn Ihre Leistungsversprechen überzeugt haben. Nun erwartet er, dass sie diese Leistungsversprechen einhalten und umsetzen.
Alle anderen Beschwerden wird er sehr selten ansprechen. De facto beschweren sich nur 4 von 10 Kunden.
Kunden kennen den Unterschied zwischen einer Reklamation und Beschwerde
Meistens ist Ihrem Kunden bewusst, dass er keinen Reklamationsanspruch hat. Er erwartet aber bei einer Beschwerde eine bestimmte Reaktion von Ihnen.
Sind Sie in der Zusammenarbeit mit Ihrem Kunden seinen Erwartungen öfter nicht nachgekommen, wird er sich zukünftig kaum beschweren.
Aber er wird mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit den Dienstleister oder Lieferanten wechseln. Und das ohne ein Wort zu verlieren.
Das ist auch der Grund, warum die Reklamationen selten zu dem Verlust der Kunden führen, sondern der Glaube Ihres Kunden, er und seine Erwartungen seien nicht wichtig für Sie!
Ein Beispiel aus meiner Zeit als Servicekoordinator:
In meinem damaligem Unternehmen gab es Produkte mit der Bezeichnung „High Performance“. Und wir gehörten nicht zu den günstigsten Anbietern. Außerdem hätte Ihnen jeder im Unternehmen bestätigt, dass die Produkte qualitativ hochwertiger waren als die vom Wettbewerb . Daher haben die Kunden eine bessere Qualität als die der günstigeren Anbieter erwartet.
Bei einem Versuch, einem unserer Kunden zu erklären, dass die Verschleißteile eine gewisse Lebenserwartung hatten und diese im Produktblatt vermerkt sei, hat dieser nur geantwortet: „Wenn die Lebenserwartung Ihrer Verschleißteile genauso hoch oder niedrig ist wie von -Wettbewerber-, was genau ist mit High Performance gemeint? Ich dachte eine höhere Qualität.“
Rechtlich gesehen zählt natürlich das schriftliche Produktblatt. Aber der Kunde hat sich beschwert, weil er die versprochene Leistung „hochwertigere Qualität“ abrufen wollte.
Fazit
Reklamationen geben einen Hinweis auf Qualitätsmängel in der Dienstleistung oder im Produkt. Sie sollten daher schnell bearbeitet und nachhaltig abgestellt werden. Beschwerden hingeben sind Anzeichen für das Nichterfüllen der Kundenerwartungen. Diese sollten Sie als Chance sehen. Denn mit der Erfüllung der Kundenerwartungen können Sie sich von Ihrem Wettbewerb abheben.