Die Prozesslandkarte ist ein bekanntes und beliebtes Hilfsmittel. Aber: Es ist nicht einfach umzusetzen. Manchmal erweist sich gerade der Start mit der Zuordnung der Prozesse als schwierig. Wenn die Zuordnung gelungen ist, stellt man jedoch fest, dass der angestrebte Nutzen nicht vorhanden ist.
Daher habe ich in diesem Beitrag eine Definition und Einordung sowie den Nutzen einer Prozesslandkarte zusammengefasst. Außerdem finden Sie am Ende zwei konkrete Beispiele und zwei mögliche Vorgehensweise für die Erstellung Ihrer Prozesslandkarte.
Dieses sollte Ihnen als Grundlage dienen, um die Prozesslandkarte als wirksames Werkzeug in Ihrem Unternehmen einzusetzen.
Was ist eine Prozesslandkarte?
Die Prozesslandkarte visualisiert und dokumentiert die Ablauforganisation im Unternehmen. Durch die Erstellung der Prozesslandkarte werden die Zusammenhänge und Schnittstellen der Prozesse deutlich.
Sie findet sich in der obersten Ebene eines Prozessmodells wieder und stellt alle relevanten und notwendigen Geschäftsprozesse dar.
Nutzen einer Prozesslandkarte
Wenn Sie sich mit Ihren Prozessen beschäftigen, stoßen Sie unausweichlich auf die Prozesslandkarte. Denn sie schafft Struktur in Ihre Prozesslandschaft.
Die 5 wesentlichen Vorteile der strukturierten Darstellung von Prozessen:
- Die Struktur der Prozesslandkarte hilft uns, eine Übersicht über vorhandene Prozesse und relevante Schnittstellen (Kunden / Lieferanten) zu gewinnen.
- Durch die Schaffung von Transparenz gibt sie Orientierung und hilft Verbesserungspotenzial zu erkennen.
- Desweiteren hilft sie durch Ihre Transparenz, die interne und externe Kommunikation zu vereinfachen.
- Durch die Unterteilung und Übersicht unterstützt und vereinfacht sie die Digitalisierung und Automatisierung der Prozesse im Unternehmen.
- Sie bildet die Basis der Planung der IT-Landschaft und dient den IT- und Fachexperten als Kommunikationsbasis.
Die Prozesslandkarte ist darüber hinaus eine Voraussetzung für gelebtes Qualitätsmanagement z. B. innerhalb der DIN EN ISO 9001, DIN EN ISO 14001 oder der IATF 16949. Wollen Sie sich also zertifizieren lassen, benötigen Sie in jedem Fall eine Prozesslandkarte. Außerdem bildet Sie oftmals den Einstieg ins Prozessmanagement.
Prozessnutzen zu 100 % entfalten
Ich sehe häufig sehr gute grafisch dargestellte Prozesslandkarten, aber Sie sind selten mit den relevanten Informationen angereichert.
Um alle Vorteile der Prozesslandkarte zu nutzen, sollten Sie aber alle Prozessrelevanten Daten erfassen. Diese sind insbesondere Informationen, die Sie bei der Kommunikation und im Entscheidungsprozess unterstützen.
Das können z. B. Tools, Durchlaufzeiten, Ressourcenaufwand, verweise auf kritische Schnittstellen zu Kunden oder Lieferanten sein.
Inhalt und Struktur der Prozesslandkarte
Struktur der Prozesslandkarte
Die bekannteste Struktur ist an die ISO 9001 angelehnt – und diese unterteilt die Prozesse in drei Prozessebenen bzw. Hauptgruppen.
- Managementprozesse / wertschaffende Prozesse
- Kernprozesse / wertschöpfende Prozesse
- Supportprozesse / wertsichernde Prozesse
In Laufe Ihrer Suche werden Sie mit größter Wahrscheinlichkeit auch auf andere Bezeichnungen gestoßen sein. Daher habe ich im Bild versucht, die Vielzahl der Begriffe darzustellen
Die Prozessebenen und ihre inhaltliche Aufteilung
Am schwierigsten ist zu entscheiden, welcher Prozess in welche Prozessebene der Prozesslandkarte gehört. Daher hier eine Hilfestellung:
Managementprozesse
Diese Ebene beinhaltet alle Führungs- und Steuerungsprozesse für das gesamte Unternehmen. Diese Prozessebene wird daher manchmal auch so genannt. Zu Unternehmensteuerung gehören die strategische und operative Planung, das Controlling, Personalentwicklung, KVP Prozesse sowie Qualitätsmanagement etc.
Sie werden auch wertschaffende Prozesse genannt, weil sie im Allgemeinen dafür sorgen, dass Ihre Kunden eine Leistung / Wert erhalten. Dieses geschieht durch die Schaffung von Werten und der Sicherstellung, dass diese zur Zufriedenheit des Kunden erbracht werden können.
Die Managementprozesse bilden daher die Rahmenbedingungen des Unternehmens und stellen sicher, dass die Kernprozesse und Supportprozesse optimal laufen.
Kernprozesse
Hier finden sich alle Ihre Prozesse wieder, die in direkter Verbindung mit den Kunden stehen. Aus der Unternehmenssicht sind das jene Prozesse, mit denen Sie Ihre Leistung erbringen und für die Ihre Kunden bereit sind, Sie zu entlohnen. Daher werden die Kernprozesse auch Leistungsprozesse oder Wertschöpfungsprozesse genannt.
Prozesslandkarten sind demzufolge auch von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, da sie mit unterschiedlichen Leistungen und Produkte Ihre Umsätze generieren.
Unterstützungsprozesse
Unterstützungsprozesse haben als interne Kunden die Kernprozesse. Sie unterstützen die Wertschöpfung des Unternehmens und sind nicht direkt an der Leistungserbringung am Kunden beteiligt.
Das Rechnungswesen prüft z. B. die Rechnung und die Zahlung der Kunden. Dadurch unterstützt es den Wertschöpfungsprozess. Diese indirekte Beteiligung am Leistungsprozess stellt sicher, dass die primären Prozesse durchgeführt werden und wird daher auch wertsichernd genannt.
Zwei Vorgehensweise, um eine Prozesslandkarte zu erstellen
Um die Prozesslandkarte zu erstellen, benötigen Sie vor allem Zeit, denn sie ist nicht ganz trivial. Ihre Aufgabe ist es, Transparenz und relevante Informationen zur Verfügung zu stellen. Dabei ist es meiner Meinung nach nicht wirklich wichtig, ob Sie Top-Down oder Bottom–Up arbeiten. Der Top-Down-Ansatz wird jedoch am meisten angewendet.
Top-Down-Ansatz
Beim Top-Down-Ansatz erstellen Sie
Diese Vorgehensweise eignet sich, um die Erstellung der Prozesslandkarte als Projekt zu definieren. Nach Abschluss erfolgt die Übergabe z. B. ans Qualitätsmanagement oder Management.
Bottom-Up-Ansatz
Hier werden die einzelnen Prozesse von den Fachbereichen oder Prozessverantwortlichen definiert. Dieses kann im Zuge einer Prozess- oder Schnittstellenoptimierung stattfinden.
Um die Unternehmensübersicht zu gestalten, bestimmen Sie einen Prozessmanager oder Geschäftsprozessverantwortlichen, an den alle visualisierten und dokumentierten Prozesse übermittelt werden. Er übernimmt dann die Nachbereitung und Kontrolle der Datenqualität.
Einige Unternehmen haben bereits einen kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) etabliert oder beschäftigen sich bereits mit Prozessmanagement; für diese Gruppe kann diese Vorgehensweise Vorteile bringen, da Sie sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Vorteile / Nachteile
Der größte Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass Sie das Anreichern der Geschäftsprozesse einfacher gestalten.
Als Nachteil kann sich die Dauer erweisen, da es mitunter länger dauern kann, bis Ihre Prozesslandkarte vervollständig ist.
Prozesslandkarte Beispiele
Folgend finden Sie zwei Beispiele einer Prozesslandkarte. Diese zwei Beispiele sollen Ihnen helfen, Ihr allgemeines Verständnis zu vertiefen. Da die Beispiele keine vollständige Darstellung aller relevanten Prozesse darstellen, werden Sie auch noch ein paar Anmerkungen finden.
Maschinenanlagenbau
Handelsware
Die Handelsware ist in meinem Beispiel ein Teilprozess des Ersatzteilverkaufes, der Wartungsdurchführung oder der Reparatur. Im Maschinenanlagenbau wird selten nur mit Handelsware / Zukaufteile gehandelt.
Personal
Im Beispiel habe ich einen Teil der typischen Aufgaben in die Supportprozesse überführt und einen anderen Teil in die Managementebene. Dem wertschaffenden Prozess ist die strategische Entwicklung des Personals zugeordnet.
Lagerverwaltung
Ich trenne gerne die Lagerverwaltung für die Servicefahrzeuge und das Produktionslager, auch wenn ein separates Ersatzteillager innerhalb der Produktion existiert. Der Prozessverlauf unterscheidet sich meist deutlich voneinander.
Technologie-Unternehmen / Softwareentwicklung
Fremdleistung
Die Fremdleistung ist hier als Supportprozess dargestellt. Wenn sie aber direkt für ein Kundenprojekt zugekauft wird, würde dieses ein Teilprozess des Geschäftsprozess „Kundenprojekt durchführen“ sein. Dann würde die „Fremdleistung einkaufen“ zu den Kernprozessen zugeordnet.
Rechenzentrum
In diesem Beispiel ist das Betreiben eines Rechenzentrums nicht aufgeführt. Sollten Sie ein Rechenzentrum betreiben, würde es den Supportprozessen zugeordnet werden.
Cloud betreiben
Hier streiten sich die Geister. Aber versuchen Sie im Hintergrund, die Definition der Kernprozesse zu haben. Verdienen Sie mit der Cloud Geld?
Ja: Kernprozess (z. B. Cloud Betreiber)
Nein: Supportprozess
Fazit
Planen Sie etwas Zeit für die Erstellung der Prozesslandkarte ein. Starten Sie am besten mit den Kernprozessen. Die Umsetzung wird Ihnen so wesentlich leichter fallen.
Das Anreichern der Prozesslandkarte mit relevanten Informationen wird gewiss etwas Zeit in Anspruch nehmen. Sie werden aber feststellen, wie sehr gerade dieser Punkt Sie bei Entscheidungsfindungen und Diskussionen unterstützt.
Und bedenken Sie, dass die Prozesslandkarte die oberste Ebene des Prozessmodells darstellt. Rutschen Sie also nicht in Aktivitäten und zu kleinen Prozessschritten ab.
So steht der Implementierung einer wirksamen Prozesslandkarte nichts mehr im Weg.
Viel Erfolg beim Erstellen.